Telematikinfrastruktur: ePa, eAU und weitere Neuerungen

Telematikinfrastruktur vereinfacht Behandlung von Patienten

Wann digitale Neuerungen sinnvoll und effizient sind, hängt von vielen Faktoren ab. Bei der medizinischen Telematikinfrastruktur (TI) in freiberuflichen Arzt-, Zahnarzt- und Psychotherapie-Praxen liegen die Vorteile klar auf der Hand. Niedergelassene Ärzte brauchen die Anwendungen, um Patienten künftig Erfolg versprechend und zeitgemäß zu behandeln. Welche Anforderungen der Gesetzgeber stellt, wann die einzelnen Komponenten eingeführt werden und was Telematik überhaupt bedeutet, erfahren Sie in unserem Artikel. Wir beantworten die Frage: Worauf müssen sich niedergelassene Ärzte einstellen?

Telematikinfrastruktur
Telematikinfrastruktur

Welche Änderungen wird es für niedergelassene Ärzte geben?

Freiberufliche Ärzte, Kliniken und Apotheken sind zur Verwendung der TI autorisiert und verpflichtet. Für Vertragsärzte, die an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen, ist gesetzlich vorgeschrieben, sich an die Telematikinfrastruktur anzuschließen. Erfolgt dies nicht, müssen Ärzte Honorarkürzungen hinnehmen. Erst vor kurzem wurde durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) die Kürzung der vertragsärztlichen Vergütung auf 2,5 Prozent angehoben, wenn die Anbindung der Praxis an die TI nicht stattgefunden hat. Verfügen Ärzte seit dem 1. Juli 2021 über keine Ausrüstung, um Daten in die elektronische Patientenakte übertragen zu können, wird das Honorar um 1 Prozent vermindert. Das gilt, sollten nicht bereits die Bezüge wegen des fehlenden Anschlusses an die Telematikinfrastruktur gekürzt worden sein. 

Ausgewählte Patientendaten werden in den Arztpraxen schon durch das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) digital verwaltet. Es folgen weitere Bereiche, die für eine schnellere und sichere Datenübertragung sorgen sowie ein einheitliches digitales System im deutschen Gesundheitswesen schaffen. Der Patient wird aktiv in die Kommunikation zwischen den beteiligten Gesundheitseinrichtungen einbezogen, indem er partiell entscheiden kann, welche Informationen über ihn gespeichert werden. 

Seit Juli 2019 werden die Stammdaten des Versicherten von der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) generell digital ausgelesen. Es erfolgt ein Abgleich mit den Krankenkassen, ob der Versicherte zur Leistungsinanspruchnahme berechtigt ist und dessen Stammdaten können automatisch geändert werden. Um Patientenbehandlungen effektiv durchführen zu können, reicht das computergesteuerte Einlesen der eGK nicht aus. Ärzte müssen 2021/2022 weitere Investitionen tätigen, um die nächsten Prozesse zu digitalisieren und deren Potenzial zur vollständigen Vernetzung im Gesundheitswesen auszuschöpfen. Den Kern der Digitalisierungsstrategie bildet die Telematikinfrastruktur.

Was umfasst die Telematikinfrastruktur?

Die TI ist ein eigenständiges digitales System im Gesundheitswesen, das auf dem Internet beruht. Die Bezeichnung Telematik setzt sich aus den Wörtern Telekommunikation und Informatik zusammen. Sie stellt das Fundament für die Telemedizin dar. Bei der Telematik im medizinischen Bereich geht es um elektronische Speicherung, Verwertung und den Austausch sensibler gesundheitsbezogener Daten. Diese werden zwischen Krankenkassen, Kliniken, Praxen und Gesundheitsdienstleistern oder Pflegeeinrichtungen ausgetauscht. Damit die Daten weder abhandenkommen noch missbraucht werden, bedarf es einer sicheren und einheitlichen Anwendung von modernen Technologien, deren Funktionalität sich auf das Gesundheitswesen beschränkt. Daher hat der Gesetzgeber einen einheitlichen Rahmen und Regelungen zur Telematikinfrastruktur mit einem verbindlichen Zeitplan vorgegeben.

Die rechtliche Grundlage für den Aufbau der Telematikinfrastruktur bildet das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V). Konkretisiert werden die Einführungsfristen im E-Health-Gesetz (Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen), das sich auf einzelne Programme, Module und Dienste bezieht. Diese schließen folgende Gebiete ein:

  • VSDM mithilfe der eGK als Basis der digitalen Funktionen,
  • Qualifizierte elektronische Signatur (QES) durch Mehr-Faktor-Authentifizierung bei der Programmnutzung über PIN, Passwörter und eine Smartcard (digitaler Heilberufsausweis und Praxisausweis),
  • elektronischer Medikationsplan (eMP) auf der eGK,
  • Notfalldatenmanagement (NFDM) anhand der Notfalldaten auf der eGK,
  • Kommunikation im Medizinwesen (KIM) durch elektronische Weiterleitung von Patientendaten wie Diagnosen, Arztbriefen und Röntgenbildern.

Während das NFDM und der elektronische Medikationsplan zu den freiwilligen Anwendungen gehören, sind die elektronische Patientenakte, das elektronische Rezept (eRezept) und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtende Bestandteile der Digitalisierung. Das VSDM schafft die Grundlage für die Einführung weiterer Module, daher muss es jeder Vertragsarzt anwenden. 

Elektronische Dokumente wie die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Patientenakte oder der Arztbrief bedürfen einer rechtssicheren Unterschrift. Deren Verschlüsselung sorgt dafür, dass Unbefugte keine Einsicht nehmen können. Dies gewährleistet die QES, deshalb ist sie obligatorischer Bestandteil aller Anwendungen.

Welche Dienste und Komponenten zugelassen sind, wurde von der Gematik, dem für die Digitalisierung des Gesundheitswesens verantwortlichen Unternehmen, in einer Liste der zulässigen Komponenten der TI festgelegt und veröffentlicht. Diese finden Sie u. a. auf der Webseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die eGK und einige andere Anwendungen werden bereits in der Praxis genutzt. In den kommenden Monaten sind zusätzliche Dienste vorgesehen. Laufende Vorhaben sind die flächendeckende Einführung der eAU, ePA und des eMP.

Patientenakten

Wofür stehen die Abkürzungen?

ePA ist die Abkürzung für elektronische Patientenakte. Diese kann der Patient über eine App für eine Übersicht seiner Befunde, Arztbriefe und anderen Gesundheitsdokumente verwenden. Er entscheidet selbst darüber, welche Informationen aus seiner Erkrankungshistorie aufgenommen werden und welche Institutionen welche Daten abrufen und verwenden dürfen.

eAU bedeutet elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Krankschreibung eines Arbeitnehmers wird damit digital, statt wie bisher in Papierform, an die Krankenkasse weitergeleitet.

eMP steht für den elektronischen Medikationsplan. Dieser speichert Arzneimittel, Medikationen und relevante Angaben des Patienten wie Unverträglichkeiten auf der eGK, sofern der zu Behandelnde dies wünscht.

Wann werden die einzelnen Elemente eingeführt?

Die eAU startete am 01. Oktober 2021. Die KBV sorgte mit der Durchsetzung einer Übergangsfrist aufgrund der Corona-Pandemie dafür, dass Ärzte noch bis zum 31. Dezember 2021 Zeit haben, sich die notwendige technische Ausrüstung zu besorgen. Ab 2022 ist die eAU für alle Arztniederlassungen Pflicht.

Die ePA kommt schrittweise zur Anwendung. Die technischen Voraussetzungen dafür hatten Arztpraxen bereits bis zum 01.07.2021 zu schaffen, so dass bis Jahresende 2021 die Nutzung der Anwendung beginnen kann. Zu weiteren Anwendungen, die auf der ePA gespeichert werden können, gehören künftig u. a. der eImpfpass und eMutterpass. NFDM und eMP sind fakultative Bestandteile der Patientenakte.

Der elektronische Medikationsplan ist mit der Speicherung auf der eGK schon nutzbar, eine Weiterentwicklung als eigenständige Online-Version vorgesehen. 

Hinzu kommt noch das eRezept, das Ärzte ab Januar 2022 verbindlich einzusetzen haben. Bis dahin läuft die Testphase, in der die Ausstellung von eRezepten freiwillig für Ärzte ist.

Was bedeutet das für Ärzte in der täglichen Arbeit?

Zunächst einmal erfordert die Digitalisierung einen Mehraufwand in finanzieller Hinsicht zur Beschaffung der Grundausstattung für die Telematikinfrastruktur. Mehr Zeit muss ebenso für die Organisation und Beherrschung der Technik bis hin zu Schulungen für das Personal aufgewendet werden. Dieser Aufwand wird sich jedoch später in signifikanten Kosten- und Zeiteinsparungen auszahlen. 

Soll Ihre Praxis neu an die TI angebunden werden, benötigen Sie folgende technische Grundausstattung:

  • Internetanschluss und geschützte Netzwerkverbindung (VPN-Zugangsdienst von Gematik zertifiziert)
  • Konnektor, der die Verbindung vom privaten Netzwerk zur zentralen TI herstellt und sicher verschlüsselt, Funktion für QES
  • Praxisausweis (SMC-B) für die Identifizierung der medizinischen Einrichtung, damit der Konnektor zur TI verbinden kann
  • E-Health-Kartenterminal für die eGK, den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) und elektronischen Praxisausweis (SMC-B)
  • Anpassung der Praxissoftware (Praxisverwaltungssystem) an die Anforderungen der TI mittels Update.

Für die Realisierung der kommenden Schritte der Digitalisierung über 2021 hinaus benötigen Ärzte u. a. das Update zum E-Health-Konnektor, das Update zum ePA-Konnektor sowie die Einrichtung des Kommunikationsdienstes KIM. Diese können über die zugelassenen Hersteller bezogen werden. Der eHBA ist bei der zuständigen Landesärztekammer zu beantragen.

Digitalisierung für Ärzte

Welche Vorteile bringt diese Digitalisierung dem Arzt sowie dem Patienten?

Die TI nutzt Medizinern wie Patienten. Ohne ihren verbreiteten Einsatz würden die Papierberge in Arztpraxen und Wohnungen weiterwachsen und auf dem Weg des Patienten durch unser Gesundheitssystem so manche wertvolle Information für Mediziner verloren gehen. Die TI bringt zwei wesentliche Vorzüge der Digitalisierung im Gesundheitswesen zur Geltung:

  1. Sie sichert, dass die Kommunikation zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken zuverlässig, schnell und auf vertraulicher Basis ablaufen kann.
  2. Sie spart Kosten, weil unnötige Untersuchungen vermieden werden sowie Ärzte schnell und einfach Patientendaten, die für medizinische Behandlungen erforderlich sind, abrufen können.

Aufgrund der technischen Ausstattung und der Vernetzung der dezentralen Gesundheitseinrichtungen kann jederzeit nachvollzogen werden, woher die Informationen über den Patienten stammen und wer ein Zugriffsrecht darauf hat. So können Kranke individuell angemessen und gleichzeitig wirtschaftlich behandelt werden. Der Informationsaustausch findet zudem auf einer sicheren Ebene statt. Schließlich zahlt sich die einheitliche elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen für den einzelnen Arzt in einer Zeitersparnis und besseren fachgerechten Heilbehandlung der Versicherten aus. Patienten werden zielgerichteter behandelt, ersparen sich unnötige Wege oder Doppeluntersuchungen und vermeiden gefährliche Wechselwirkungen zwischen Medikamenten.

Warum lohnt sich Digitalisierung für Ärzte?

Deutschland hat einen großen Nachholbedarf in Bezug auf die Digitalisierung der Medizin. Für Ärzte lohnt es sich, dieser aufgeschlossen gegenüberzustehen. Digitalen Diensten und künstlicher Intelligenz gehört die Zukunft in der Heilkunde, sie bringt medizinischen Fortschritt. Sie kann jedoch nur Erfolg haben, wenn sich alle Ärzte beteiligen. Die Digitalisierung erleichtert den Berufsalltag der Mediziner, indem bestimmte Aufgaben maschinell wesentlich rascher erledigt werden. Die gewonnene Zeit können sie zum Patientenwohl einsetzen. Damit wird das Personal von bürokratischen Aufgaben entlastet und auch unter wirtschaftlichen Aspekten rechnet sich der Einsatz der TI-Komponenten.

Welche Erwartungen haben Patienten an Ärzte im Hinblick auf die Digitalisierung?

Patienten erhoffen sich durch die Digitalisierung mehr Zeit für die Arzt-Patienten-Kommunikation. Auch verbesserte Heilungschancen werden als Folge der Anwendung moderner Technik gesehen. Die elektronische Patientenakte macht beispielsweise Schluss mit einzelnen Befunden und losen Blättern, die vom Patienten zum nächsten Arzt transportiert oder zu Hause aufbewahrt werden müssen. Seine Krankengeschichte ist im Detail nachvollziehbar, sodass Ärzte genauere Diagnosen stellen und passendere Therapien durchführen können.

Der mündige Patient möchte seinem Arzt nicht nur vertrauen und ihn verstehen, sondern auch zeitgemäße Kommunikationsmittel nutzen. Als selbstverständlich gilt inzwischen eine übersichtliche, modern gestaltete Homepage für die Praxis, inklusive Online-Termin-Buchungssystem. Dadurch können sich Patienten besser informieren und viel Zeit einsparen, statt beispielsweise stundenlang in einer Telefonhotline warten zu müssen. Das entlastet ebenso das Praxispersonal. Eine digital organisierte Praxis zieht im Rahmen einer Nachfolgeregelung eher junge Ärzte an. Sie sind mit der Hard- und Software vertraut und müssen diese bei der Praxisübernahme nicht erst anschaffen bzw. anpassen. So finden Sie leichter einen geeigneten Nachfolger für Ihre Praxis. 

Das e-Rezept wird sich bei den Behandlungsbedürftigen wahrscheinlich schnell bewähren, denn es erspart dem Patienten den Extragang zum Arzt und zur Apotheke zwecks Rezeptabholung. Gerade für chronisch Kranke oder von Unfällen betroffene Patienten ist das NFDM sehr nützlich. Die gespeicherten Notfalldaten ermöglichen schnelleres Handeln, verhindern Fehlbehandlungen und können so Leben retten. Für den Patienten besteht der Vorteil der TI zugleich darin, dass nur berechtigte Personen über den eHBA Zugriff auf ihre Daten haben und lediglich Institutionen des Gesundheitswesens überhaupt die Infrastruktur nutzen können.

Wie kann Sie eine Ärzteberatung bei digitalen Maßnahmen unterstützen?

Ärzte müssen den finanziellen Mehraufwand für die TI aufgrund der gesetzlichen Regelungen nicht allein tragen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, die Ausgaben für die Grundausstattung und den laufenden Betrieb der Telematikinfrastruktur zu erstatten. KBV und der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen haben sich auf eine Finanzierungsvereinbarung und entsprechende Pauschalen geeinigt. Dabei geht es nicht nur um die Anschaffung von Technik, sondern auch Personalschulungen, den Ausgleich von Ausfallzeiten und die Aktualisierung des Praxisverwaltungssystems. So erhalten Arztpraxen beispielsweise eine TI-Startpauschale in Höhe von 900 Euro für die Anschlussgebühr des VPN-Zugangsdienstes, die Installation, den Praxisausfall während der Installation, die Anpassung des Praxisverwaltungssystems und den Zeitaufwand für das VSDM in der Startphase. 

Im belastenden Arbeitsalltag fällt es jedoch nicht leicht, den Überblick über alle Richtlinien und Finanzierungsmöglichkeiten zu behalten. Unsere Ärzteberatung kennt sich mit den Regularien der Digitalisierung aus. Wichtig ist zudem ein vorausschauendes Praxismarketing, das den rechtlichen Erfordernissen entspricht. Die Entwicklung Ihrer Arztpraxis sollte auf einem strategischen Konzept basieren. Darin müssen die künftigen Maßnahmen der Digitalisierung sinnvoll und richtig eingebunden sein. Eine erfahrene Ärzteberatung kann Ihnen bei der Erarbeitung des Plans und den nächsten Schritten mit dem Ziel einer überwiegend papierlosen Praxis hilfreich sein. Einen Leitfaden für die Planung und Führung einer erfolgreichen Arztpraxis finden Sie auf unserer Seite Praxismarketing.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und Schulungen können an einem hektischen Praxistag Sicherheitsrisiken und Unachtsamkeiten auftreten, die zu hohen Schäden, beispielsweise durch Diebstahl von Patientendaten oder den Ausfall der Systeme, führen. Solchen Situationen, die mit finanziellen und anderen Verlusten einhergehen, kann mit der richtigen Versicherung begegnet werden. Aufgrund unserer praktischen Erfahrungen wissen wir, welchen Cyber-Schutz Ärzte benötigen. Was bei einer Cyber-Versicherung zu beachten ist, erfahren Sie in unserem Artikel IT-Sicherheitsrichtlinie und Cyber-Versicherung. Unsere unabhängige Ärzteberatung begleitet Sie als Partner beim Thema Digitalisierung von der Praxisgründung über das Praxiswachstum bis zum gelungenen Praxisverkauf.

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