Altersvorsorge für Mediziner:innen

Die berufsständische Versorgung als Fundament der Altersvorsorge für den Arzt oder die Ärztin

Ärzte:innen, Zahnärzte:innen und andere Therapeuten:innen müssen ihre Altersvorsorge selbst regeln. Sie sind Pflichtmitglieder in sogenannten berufsständischen Versorgungseinrichtungen. Doch was sind diese Institutionen, wie funktionieren sie? Können sie die gesetzliche Rente ersetzen? Die Antworten auf diese Fragen erhalten Sie im folgenden Artikel.

Was sind berufsständische Versorgungswerke?

Berufsständische Versorgungseinrichtungen sind Sondersysteme zur Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung bestimmter Berufsgruppen. Die Pflichtversorgungsunternehmen sind in der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen zusammengeschlossen. Es handelt sich um öffentlich-rechtliche, eigenständige Einrichtungen oder unselbstständige Sondervermögen von Berufskammern, die den Rahmenbedingungen und der Aufsicht der Bundesländer unterliegen. Die Versorgungseinrichtungen zahlen Alters-, Witwen- und Waisen- sowie Berufsunfähigkeitsrenten und bezuschussen freiwillig Reha-Maßnahmen. Sie sind als Element der Basisvorsorge der gesetzlichen Rentenversicherung gleichgesetzt, bekommen jedoch keine Bundeszuschüsse. Die Versorgungswerke bestreiten ihre Leistungen ausschließlich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder und den bei deren Anlage am Kapitalmarkt erzielten Gewinnen. 

Was ist die Berufsständische Versorgungseinrichtungen?
Berufsständische Versorgungseinrichtungen

Für welche Berufe sind die berufsständischen Versorgungseinrichtungen zuständig?

Für in Kammern organisierte Berufe wurden die berufsständischen Versorgungswerke als Organe der berufsständischen Selbstverwaltung gegründet. Die berufsständischen Versorgungswerke nehmen Angehörige freier Berufe auf, die zu den gesetzlich festgelegten Katalogberufen zählen. Architekten:innen, Notare:innen, Rechtsanwälte:innen, Steuerberater:innen und Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer:innen, vereidigte Buchprüfer:innen, Tierärzte:innen und selbstständige Ingenieure:innen sind Pflichtmitglieder bei ihnen. Sie sind für deren Altersvorsorge, Arbeitsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zuständig. Zu den kammerfähigen Heilberufen gehören:

  • Ärzte:innen,
  • Zahnärzte:innen,
  • Apotheker:innen,
  • Psychotherapeuten:innen,
  • Pflegeberufe.

Insgesamt gibt es in Deutschland 90 berufsständische Versorgungswerke. Die größte Einrichtung ist das Versorgungswerk der Ärzte:innen mit ca. 400.000 Mitgliedern. Das erste berufsständische Versorgungswerk war die 1923 gegründete Bayerische Ärzteversorgung, mit deren Hilfe sich Freiberufler vor Altersarmut und Inflation schützen sollten. 

Was ist der Unterschied zwischen einem berufsständischen Versorgungswerk und der gesetzlichen Rente?

Die Entscheidung, dass die freien Berufe generell ihre Altersversorgung eigenverantwortlich regeln sollten, geht auf das Jahr 1957 zurück. Damals verweigerte die Bundesregierung im Zuge einer großen Rentenreform den Angehörigen freier Berufe den Beitritt zur staatlichen Rentenversicherung. Obwohl die Versorgungswerke der nationalen Rentenvorsorge gleichgestellt sind, können beide Systeme nicht unmittelbar verglichen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen der berufsständischen Versorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung liegt in der Verwendung ihrer Beiträge bzw. der Finanzierung ihrer Leistungen. 

Während die gesetzliche Rente auf dem Umlageverfahren beruht – die aktuell Beschäftigten zahlen für die jetzigen Rentner:innen –, werden die Versorgungsleistungen für die kammerfähigen Freiberufler:innen aus den Rücklagen der Versorgungswerke bestritten. Dafür wird ein Teil der Beiträge rentierlich am Kapitalmarkt, hauptsächlich in sicheren Zinsanlagen oder Immobilien sowie zum kleineren Teil in Aktien angelegt, um Gewinne zu erwirtschaften. Die Altersvorsorge eines Arztes beruht also auf einer Mischung aus Umlage der Beiträge und ihrer Kapitaldeckung. Wie hoch das Verhältnis ist, darüber entscheidet jede Versorgungseinrichtung selbst. Man bezeichnet dieses Verfahren als offenes Deckungsplanverfahren, das sowohl die Beiträge und künftigen Versorgungsansprüche als auch die Kapitalerträge in die Rentenberechnungen einbezieht.

Die berufsständische Versorgung gehört wie die gesetzliche Rentenversicherung und Beamtenversorgung zur Schicht 1, der Basisvorsorge für das Alter. Gemeinsam ist ihnen, dass eingezahltes Kapital im Regelfall nicht mehr aus den Verträgen entnommen werden kann und die Auszahlung als regelmäßige Rentenzahlung erfolgt. Die berufsständischen Versorgungseinrichtungen sind für die Absicherung aller in den jeweiligen kammerfähigen Berufen Arbeitenden verantwortlich, während in der gesetzlichen Rentenversicherung nur wenige Selbstständige verpflichtende Mitglieder sind. Beide Systeme beruhen auf dem Solidarprinzip, nach dem sich die Mitglieder gegenseitig Hilfe und Unterstützung gewähren. Freiberufler tragen mit ihren Beiträgen somit zur kollektiven Stabilität der Rentenversorgung aller Kollegen:innen bei. 

Sind die Renten höher als in der gesetzlichen Rentenversicherung?

Ärzte:innen erhalten im Allgemeinen deutlich mehr Rente als vergleichbare Beschäftigte, die in die gesetzliche Versicherung einzahlen. Das hat im wesentlichen zwei Gründe. Zum einen sind die Beiträge insgesamt höher als die gesetzlichen Rentenbeiträge, zum anderen liegt die am Kapitalmarkt erzielte Rendite meist über dem volkswirtschaftlichen Lohnzuwachs pro Jahr. Die Mitglieder der berufsständischen Versorgungswerke können zudem ihre Einzahlungen freiwillig erhöhen. Die Beitragszahlungen unterscheiden sich von Versorgungseinrichtung zu Versorgungseinrichtung und sind in der entsprechenden Satzung geregelt. Sie reichen vom Mindest- und Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenkasse bis zum Erheben eines prozentualen Anteils am erzielten Einkommen. Die Regelbeiträge orientieren sich an der gesetzlichen Rentenversicherung und damit an ihrem Beitragssatz sowie der Beitragsbemessungsgrenze.

Kann ich mir als Arzt oder Ärztin mein Versorgungswerk frei aussuchen?

Eine Wahlfreiheit, in welche Versorgungseinrichtung sie eintreten, haben Mediziner:innen nicht. Sie müssen dem Versorgungswerk ihrer Berufsgruppe angehören. Dennoch sind Wechsel möglich, wenn Arzt oder Ärztin beispielsweise in ein anderes Bundesland umziehen und ihren Praxissitz dorthin verlegen. Ausschlaggebend ist immer der Ort der beruflichen Tätigkeit, dann ist zwingend das Ärzteversorgungswerk des neuen Bundeslandes für die Altersvorsorge des Arztes zuständig. Das betrifft die Angehörigen aller Heilberufe.

Werden die Berufsjahre vor einer Kammermitgliedschaft angerechnet?

Die Beiträge, die vor einer Kammerzugehörigkeit gezahlt wurden, gehen nicht verloren, können jedoch nicht prinzipiell anerkannt werden. Sind Mitglieder eines ärztlichen Versorgungswerks vorher in einem anderen Beruf tätig gewesen, beispielsweise als Medizinische Fachangestellte und lassen sich später als Ärzte:innen oder Psychotherapeuten:innen nieder, waren sie in der gesetzlichen Rentenkasse pflichtversichert. Mit der Kammermitgliedschaft beginnt die Zugehörigkeit zum berufsständischen Versorgungswerk. Wurden mehr als 60 Monate Beiträge in die staatliche Rentenvorsorge eingezahlt, besteht im Ruhestand ein Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Wurde die Mindestbeitragszeit von fünf Jahren jedoch nicht erreicht, können bis zum Rentenalter jederzeit freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet werden. Anderenfalls kann zwei Jahre nach dem letzten Pflichtbeitrag die Erstattung der eigenen Beiträge als Arbeitnehmer:in beantragt werden.

Tipp: Lassen Sie sich vor der Entscheidung bei der Deutschen Rentenversicherung beraten, ob Rückgewähr oder freiwillige Beiträge für Sie die bessere Lösung sind.

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Was muss ich beachten, wenn ich mich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lasse?

Nicht nur selbstständige Ärzte:innen und Therapeuten:innen sind obligatorisch in einem berufsständischen Versorgungswerk versichert, sondern auch Angestellte aus diesen Berufsgruppen. Als abhängig Beschäftigte sind sie in der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert. Damit sie nicht doppelt Beiträge abführen müssen, können sich angestellte Freiberufler:innen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Beim Wechsel des Arbeitgebers muss abermals ein Befreiungsantrag gestellt werden.

Die Befreiung gilt nur für die konkrete Tätigkeit, die aktuell ausgeübt wird und die dem Profilbild des Kammerberufes entspricht. Wird innerhalb eines Betriebes, beispielsweise eines Krankenhauses, die Tätigkeit gewechselt, muss erneut eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht beantragt werden. Das hat seit 2023 online über das Portal des maßgeblichen Versorgungswerks zu erfolgen.

Worauf muss ich bei Versorgungswerken noch achten?

Berufsständische Versorgungswerke sind vorwiegend für ein Bundesland verantwortlich, zum Teil stimmt ihre Zuständigkeit jedoch nicht mit den Ländergrenzen überein. Sie müssen sich demzufolge bei einer örtlichen Verlagerung Ihrer Berufstätigkeit informieren, welche Versorgungseinrichtung für Sie zuständig ist. Die Leistungen und das Renteneintrittsalter können bei den einzelnen Institutionen voneinander abweichen. In der jeweiligen Satzung ist ersichtlich, auf welche Leistungen Sie Anspruch haben. Während bei einem Jobwechsel keine Überleitungsmöglichkeit Ihrer Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung besteht, können neue Pflichtmitglieder ihre Beiträge aus einem alten in ein neues Versorgungswerk überleiten. Das setzt voraus, dass sie noch keine 50 Jahre alt sind und in der bisherigen Einrichtung nicht länger als 96 Monate Zahlungen geleistet haben. Anderenfalls verwaltet das alte Versorgungswerk das Geld weiter und Mitglieder beziehen von mehreren Versorgungseinrichtungen Rentenzahlungen.

Vor welchem Problem stehen berufsständische Versorgungseinrichtungen heute?

Die Höhe der Rente ist bei Versorgungswerken nicht garantiert, sie stehen ebenso wie die gesetzliche Rentenversicherung vor beachtlichen demografischen Herausforderungen. Wie hoch eine Rente aus dem Versorgungswerk ausfällt, hängt davon ab, wie viele neue Mitglieder in welchem Alter hinzukommen, wie sich deren Lebenserwartung bemisst und welche Entwicklung die Anlagen aufgrund des am Kapitalmarkt vorherrschenden Zinsniveaus verzeichnen. Die Mitglieder der Versorgungseinrichtungen altern wie die übrige Bevölkerung rasch. Damit gerät das Verhältnis Beitragszahler:innen und Leistungsempfänger:innen immer mehr aus dem Gleichgewicht, und nicht nur das. Statistisch nachgewiesen leben Freiberufler:innen im Durchschnitt drei bis sieben Jahre länger als der Rest der Bevölkerung. Das bezieht sich insbesondere auf junge, weibliche Mitglieder, die inzwischen in ärztlichen Versorgungswerken die Mehrheit bilden. Durch deren längere Rentenbezugsdauer muss für alle Angehörigen der Versorgungseinrichtungen eine niedrigere monatliche Altersrente kalkuliert werden. 

Die Rentenermittlung stützt sich auf Berechnungen und Prognosen zum Mitgliederstand, dessen Lebenserwartung, zum Beitragsvolumen sowie zur Entwicklung von Kosten und Zinsen. Leistungszusagen der Versorgungswerke sind nicht festgeschrieben, vom Beginn der Beitragszahlung bis zur Inanspruchnahme der Rente können Rentenkürzungen notwendig werden. Eine gesicherte Mindestverzinsung gibt es nicht. Daher empfiehlt es sich, die Altersvorsorge als Arzt oder Ärztin mit einer privaten Absicherung zu ergänzen. Obwohl die Altersrente aus dem Versorgungswerk weit höher liegt als in der gesetzlichen Rentenversicherung, ist deren Umfang für gut verdienende Ärzte:innen nicht ausreichend, um ihren Lebensstandard aus dem Arbeitsleben aufrechtzuerhalten. Mit privater finanzieller Vorsorge können Sie Lücken ausgleichen und Ihren Ruhestand entspannt angehen.

Tipp: Verschaffen Sie sich rechtzeitig einen Überblick darüber, wie hoch Ihr Ruhegeld aus der Basisvorsorge ausfallen wird. Nutzen Sie dazu die Rentenmitteilungen Ihres Versorgungswerks und ggf. der Deutschen Rentenversicherung. Je früher Sie Ihre Ruhestandsplanung beginnen, desto mehr Geld steht Ihnen im Rentenalter zur Verfügung.

Eine Übersicht über die privaten Vorsorgemöglichkeiten erhalten Sie bei unserer erfahrenen Ärzteberatung. Wir informieren Sie darüber, was sich hinter dem 3-Schichten-Modell der Altersvorsorge verbirgt. Ob Lebens- und Rentenversicherungen, die private Basisrente oder Fondspolicen – wir zeigen Ihnen, welche Vorsorgeform für Ihre persönliche Situation geeignet ist. Private Kapitalanlagen haben gegenüber den berufsständischen Versorgungseinrichtungen den Vorteil, dass deren Vertragsgestaltung und Verfügungsmöglichkeiten flexibel sind und die Auszahlung in der Rentenphase steuerlich begünstigt wird. Wir beraten Sie unabhängig dazu und beantworten Ihre Fragen kompetent. Wir helfen Ihnen zum Thema weiter, vereinbaren Sie online einen Beratungstermin mit uns, unter: Ansprechpartner:innen